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Fabienne Camenzind

Indigener Tourismus in Australien

Im Juni reiste Fabienne Camenzind, unsere Australienexpertin in das Top End (Darwin und Umgebung) und das tropische Nord-Queensland. Der Fokus ihrer Reise lag auf touristischen, indigenen Begegnungen. Reflektiert berichtet sie über die Begegnungen und den schmalen Grat zwischen Mehrwert und Touristenfallen.

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Indigener Tourismus in Australien


Die Geschichte Australiens indigener Bevölkerung, die über 50'000 Jahre zurückweicht, stellt eine der ältesten und lebendigsten Kulturen der Welt dar. Die «First Nations People», wie die indigene Bevölkerung Australiens heute bezeichnet wird, bestehen aus unzähligen verschiedenen indigenen Nationen und Stämmen. Sie sind über den ganzen Kontinent verteilt und haben unterschiedliche Sprachen, Traditionen und Lebensweisen. Das Land, hat aber für alle indigenen Völker eine tiefe spirituelle Bedeutung und der Glaube an die Verbindung zwischen Mensch und Land, auch als «Dreamtime» oder «Traumzeit» bekannt, ist ein zentraler Bestandteil ihrer Weltanschauung.

Obwohl einige indigene Australier:innen zwar heutzutage in Städten ein modernes Leben führen, kann noch lange nicht von einer harmonischen australischen Gesellschaft gesprochen werden. Die indigene Bevölkerung Australiens steht noch immer vor verschiedenen Herausforderungen, die ihre Gemeinschaften und Lebensweise beeinflussen. Bedauerlicherweise leiden sie beispielsweise noch immer an sozialen Ungerechtigkeiten oder Diskriminierung. Sie sind, gegenüber nicht indigenen Australier:innen, benachteiligt und kämpfen seit Jahren für mehr Rechte und Mitsprache. Leider bis anhin mit mässigem Erfolg, wie erst kürzlich das gescheiterte Referendum für mehr Mitsprache für die indigene Bevölkerung einmal mehr zeigte.

Obgleich indigene Australier:innen auch in der Gegenwart noch von der australischen Regierung vernachlässigt werden, ist die Erhaltung und Wiederbelebung indigener Kulturen für das Land wichtig und indigener Tourismus in Australien hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Einerseits ist das positiv, weil der indigene Tourismus nicht nur eine einzigartige Möglichkeit für Reisende bietet, kulturelle Erfahrungen mit den «First Nations People» zu machen und vieles über die indigene Lebensweise erfahren zu können. Zudem ermöglicht diese Art von Tourismus den indigenen Gemeinschaften Einblick in ihre Kultur zu geben, den Erhalt ihrer Traditionen zu fördern und wirtschaftliche Chancen zu schaffen. Andererseits neigen einige Anbieter dazu, kulturelle Elemente zu kommerzialisieren. Die Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass die präsentierten kulturellen Erfahrungen respektvoll und authentisch sind.

Wir bei Dreamtime Travel, werden von unseren Kund:innen immer wieder gefragt, ob touristische Begegnungen in Australien mit «First Nations People» überhaupt authentisch sein können. Diese Frage kann mit einem deutlichen «ja» beantwortet werden. Der schmale Grat zwischen einem einzigartigen Erlebnis und einer kommerziellen Touristenfalle erfordert allerdings eine sorgfältige Betrachtung.

In meinen Augen sind authentische indigene Begegnungen als touristisches Angebot während einer Australienreise enorm wertvoll und bereichernd. Solche Momente, während denen ich tief in die indigene Kultur Australiens eintauchen darf, faszinieren mich immer wieder aufs Neue.

Meine letzte Australienreise, mit Fokus auf touristische, indigene Begegnungen, führte mich vor ein paar Monaten in das Top End (Darwin und Umgebung) und das tropische Nord-Queensland. Dort bin ich diversen «First Nations People» begegnet und habe Zeit mit ihnen verbracht. Viele dieser Begegnungen haben meine Seele tief berührt. Es gab aber auch das eine oder andere weniger authentische Erlebnis, welches ich meinen Kund:innen nicht empfehlen würde.

Ein paar empfehlenswerte Aktivitäten, bei denen ich während meiner letzten Reise in das Top End und das tropische Nord-Queensland in Berührung mit der indigenen Bevölkerung kam, stelle ich Ihnen nun gerne etwas genauer vor.

Tiwi Islands by Design

Die Tiwi Inseln, zu denen Bathurst und Melville gehören, befinden sich ca. 80 Kilometer nördlich von Darwin. Auf einem Tagesausflug mit der Fähre ab/bis Darwin, können BesucherInnen in die traditionelle Lebensweise und die spirituelle Welt der seit Tausenden von Jahren auf den Tiwi Inseln ansässigen, indigenen BewohnerInnen eintauchen und haben die Möglichkeit, sich mit der fortgeschrittenen Schnitzkunst, faszinierenden Siebdruck-Techniken und anderen facettenreichen Traditionen des Kunsthandwerks vertraut zu machen. Begleitet wird die Gruppe von einem lokalen Tiwi-Führer. Im Patakijiyali Museum erfährt man mehr über die Geschichte der Mission und die Schöpfungsgeschichte der Tiwi und nach dem Mittagessen steht ein exklusiver Siebdruck-Workshop auf dem Programm, wobei sich alle BesucherInnen ihr persönliches Andenken an Ihren Tiwi Besuch kreieren können. Selbstverständlich bleibt auch etwas Freizeit, um sich die eindrücklichen Schnitzereien, Gemälde und Stoffe ansehen zu können und/oder mit KünstlerInnen zu sprechen. Ein perfekter Tag, trotz der ziemlich langen Anreise mit der Fähre, welche ganze zweieinhalb Stunden pro Weg dauert.

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Top Didj Cultural Experience & Art Gallery

Die Top Didj Art Gallery befindet sich im Northern Territory, ein paar Kilometer vom Ort Katherine entfernt. In der Galerie werden verschiedene Kunstwerke präsentiert, die von Künstler:innen aus der Region Katherine sowie aus anderen Gebieten im Northern Territory und in Westaustralien stammen und erworben werden können. Darunter sind einige sehr schöne Artikel, welche auf Wunsch auch nach Europa verschifft werden. Das absolute Highlight des Besuches der Top Didj Cultural Experience & Art Gallery war für mich jedoch das zweieinhalbstündige «Cultural Experience» der Extraklasse mit Manuel Pamkal (Vorausbuchung empfohlen). Manuel wurde vor einigen Jahrzehnten als indigener Junge im abgelegenen Busch des Northern Territory geboren. In welchem Jahr, weiss der Dalabon-Mann, der auf ein ereignisreiches Leben zurückblickt, selbst nicht genau. Mit viel Charisma, teilt er seine äusserst interessante Lebensgeschichte mit Besucher:innen aus der ganzen Welt, vermittelt sehr viel Know-How über die Aboriginal-Kultur und demonstriert beispielsweise das Entzünden von Feuern oder das Speerwerfen. Das alles mit unfassbar viel Lebensfreude und stets zu einem Spässchen aufgelegt. Manuel ist auch ein begabter Künstler, der seit Kindheit malt und sich auf eine ganz spezielle Maltechnik spezialisiert hat, die sich von anderen indigenen Malstilen unterscheidet. Mit feinen Pinseln aus Schilf, malt er mit Acryl auf Leinwände und gibt Besucher:innen mit viel Hingabe Einblick in diese Kunst. Der authentische und aufgeschlossene Manuel ist nicht nur ein hervorragender Künstler und Geschichtenerzähler, sondern auch eine unglaublich liebenswerte Persönlichkeit. Ein kulturelles Erlebnis der Extraklasse, welches unfassbar tiefe Emotionen in mir weckte.

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Dreamtime Dive & Snorkel

Es gibt unzählige Anbieter, die Bootstouren ab Cairns zum Great Barrier Reef durchführen, mit der Möglichkeit zum Schnorcheln und Tauchen. Das Erlebnis an Bord des verhältnismässig überschaubaren Bootes von Dreamtime Dive & Snorkel, unterscheidet sich von den anderen Anbietern, weil nebst einer erfahrenen Meeresbiologin oder einem erfahrenen Meeresbiologen ein grosser Teil der Crew aus einer jungen, indigenen Besatzung besteht. Bereits nach einer neunzigminütigen Fahrt, gelangt man zum ersten Tauch- und Schnorchelplatz am äusseren Great Barrier Riff. Der indigene Teil der Crew demonstriert unterwegs, wie man Didgeridoo spielt, oder mit sogenannten «Firesticks» ein Feuer entfacht - so gut dies auf einem Boot auf dem Meer möglich ist. Auch werden traditionelle Tänze vorgeführt. Nachdem der Anker des Bootes gelegt ist, bleibt ungefähr zwei Stunden Zeit, um die vielfältige Unterwasserwelt des grössten Korallenriffs der Welt, mit bunten Korallen und tropischen Fischen, zu erkunden. Während der Fahrt zum zweiten Tauch- und Schnorchelplatz, können sich die Passagiere an einem köstlichen Mittagsbuffet bedienen und nach einer kurzen Verdauungspause wartet bereits das zweite Riff darauf, erkundet zu werden. Auf dem Tagesausflug werden zwei der besten Riffs des UNESCO-Weltnaturerbes Great Barrier Reef besucht. Dazu gehören das Milln, Flynn, Hastings, Saxon, Norman oder Thetford Riff. Die Bootstour zum äusseren Great Barrier Riff, in Kombination mit dem indigenen Teil der jungen, authentischen Crew, die Einblicke in deren traditionelle Kultur gewährt, hat mir gut gefallen und kann ich bestens empfehlen. Aufgrund der Geschwindigkeit des Bootes finden die kulturellen Erklärungen, Ausführungen und Darbietungen jedoch teils im Innenbereich des Bootes statt. Personen, die an Seekrankheit leiden und sich deshalb besser an der frischen Luft und nicht im Innenbereich des Bootes aufhalten sollen, können folglich eventuell nicht zuhören oder zuschauen und deshalb das Erlebnis nicht voll und ganz geniessen.

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Walkabout Cultural Adventures

 

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Der sympathische Juan Walker, Inhaber von Walkabout Cultural Adventures, ist seit mehr als 20 Jahren als Tourguide in Port Douglas und Umgebung tätig. Sein Vater ist vom Stamm der Kuku Yalanji, die im Regenwald in völliger Harmonie mit ihrer Umwelt leben und eine ganz besondere Beziehung zu dieser einzigartigen Umgebung haben. Ihr traditionelles Land erstreckt sich von Mossman bis nach Cooktown. Juan liebt es die indigene Kultur zu leben und zu teilen. Aus diesem Grund hat er sich selbständig gemacht und bietet interessante und lehrreiche Touren im Daintree Nationalpark an. Juan nimmt seine Gäste mit auf einen Spaziergang durch den Regenwald, erzählt ihnen mit Stolz, wie die Kuku Yalanji die natürliche Umwelt sehen, verschiedene Nahrungsmittel aus dem Regenwald konsumieren, oder welche Naturmedizin für was eingesetzt wird. Je nachdem können sich Gäste auch im Boomerang- oder Speerwerfen versuchen und/oder beim Schlammkrabben fangen mithelfen. Juan verfügt über ein unglaubliches Wissen über die lokale Flora und Fauna und die Geschichte der Region. Mit Juan zusammen in die einzigartige, natürliche Welt der Kuku Yalanji einzutauchen und dabei die Magie des ältesten, tropischen Regenwaldes der Welt auf sich wirken zulassen, ist schlichtweg unvergleichlich!

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Planen Sie eine Reise nach Australien, die nicht in das Top End oder das tropische Nord-Queensland führt und sind Sie daran interessiert in die vielfältige Welt der indigenen Kultur des Landes einzutauchen? «No worries», denn man kann in vielen Regionen Australiens authentische Erlebnisse mit indigenen Führer:innen erleben.

 

Fabienne Camenzind

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Juni 2023