20220513_120210_web.jpg

Fabienne Camenzind

Kangaroo Island nach den Buschbränden

Unsere Australien-Spezialistin, Fabienne Camenzind, reiste im Mai 2022, knapp 2,5 Jahre nach den verheerenden Buschbränden nach Kangaroo Island. Sie berichtet was sie erleben durfte und wie sich die Natur zwischenzeitlich erholt hat.


20220513_131440_web.jpg

20220513_131615_web.jpg

20220513_155419_web.jpg

20220513_164101_web.jpg

20220513_152022_web.jpg

20220513_155410_web.jpg

20220513_171923_web.jpg

Kangaroo Island heute – 2.5 Jahre nach dem «Black Summer»

Buschfeuer in Australien sind nichts Ungewöhnliches und kommen während den heissesten Monaten des Jahres fast überall im Land vor. Sie sind in der Realität Teil der Umwelt und der Kontinent hat einen Teil seiner Artenvielfalt den Feuern zu verdanken. Nicht selten werden in Australien aus diesem Grund auch kontrollierte Brände gelegt. Sie helfen der Natur sich zu regenerieren und töten ganz nebenbei auch pflanzenfressende Insekten, die dem Busch schaden. Graslandschaften beispielsweise erholen sich nach einem Feuer innerhalb von wenigen Monaten wieder und vielen in Australien heimischen Eukalyptusarten helfen die Brände bei der Fortpflanzung, da die Samen so besser keimen können. Dass Feuer Tod und Leben schafft, haben schon vor vielen Jahrtausenden die Ureinwohner Australiens begriffen.

Wie der Grossteil des Landes, wird auch Kangaroo Island im Sommer regelmässig von Buschbränden heimgesucht. Meist sind diese jedoch lokal und einigermassen kontrollierbar. Ende 2019 wüteten jedoch in diversen Regionen Australiens wochenlange heftige Buschfeuer, die mehrheitlich durch Blitzeinschläge, in die nach jahrelanger Dürre ausgetrockneten Wälder verursacht wurden. Anfang Januar 2020 kam es auf der bei Touristen beliebten, naturbelassenen Insel Kangaroo Island im Süden Australiens zu einem Buschfeuerereignis wie noch nie zuvor und die Insel wurde innert Kürze schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Im Norden von Kangaroo Island wurde Mitte Dezember 2019 durch einen Blitzeinschlag ein Feuer entfacht, welche bis zur Jahreswende als unter Kontrolle galt. Leider schlugen in der Nacht vom 30. Dezember weitere Blitze auf die Insel ein, die ein neues Feuer entfachten. Die Hitzewelle war weiterhin in vollem Gange und es war über 40 Grad Celsius heiss. Als wäre alles nicht schon schlimm genug, drehte sich der Wind und gewann zusätzlich an Stärke, was für ein noch grösseres Flammeninferno sorgte. Am 2. Januar 2020 begann die Evakuierung der Insel und nur einen Tag später verbreitete sich das Feuer rasant und die grössten Buschfeuer der überlieferten Geschichte fegten über Kangaroo Island. Aufgrund der weiteren Buschfeuer im Norden, der Hitze und des zunehmenden Windes, fing an diesem Tag das ganze westliche Ende der Insel Feuer. Die lodernden Brände breiteten sich innert nur fünf Stunden vom Nordwesten der Insel bis in den Südwesten von Kangaroo Island aus. Der bekannte Flinders-Chase-Nationalpark sowie die angrenzenden Ravine des Casoars Wilderness Protection Area und der Kelly Hill Conservation Park brannten lichterloh. Nahezu die Hälfte der 440.500 Hektar grossen Insel (siehe Karte unten) war zu diesem Zeitpunkt vom Feuer betroffen.

Bild2_web.jpg

Quelle: W. Boone Law University of Adelaide

Über Wochen waren hunderte von Feuerwehrleuten am Boden und in der Luft im Einsatz und versuchten mit Hilfe von einer Vielzahl an ortsansässigen Personen sowie weiteren freiwilligen Helfern die Brände unter Kontrolle zu bringen. Die Folgen der Brände waren fatal! Die Infrastruktur im Westen von Kangaroo Island, wie z.B. das Visitor Information Centre beim Flinders-Chase-Nationalpark, Zeltplätze, Wanderwege und nahezu hunderte von Wohnhäusern, wurden komplett zerstört. Zahlreiche Bewohner:innen der Insel verloren während den Buschfeuern im 2019/20, die auch unter dem Namen «Black Summer» bekannt sind, ihr Hab und Gut. Unternehmen, Farmen, wertvolle Lebensräume sowie ein Grossteil der Vegetation wurden komplett zerstört. Zwei Menschen starben und zehntausende Nutztiere, vor allem Schafe, sowie eine noch grössere Zahl an Wildtieren, darunter viele endemische, kamen bei den tragischen Bränden ums Leben.

Es ist nun knapp 2.5 Jahre her seit diesem tragischen Ereignis und ich stellte mir in den vergangenen Monaten oft die Frage, wie es wohl aktuell auf Kangaroo Island aussieht. Auf meiner ersten Australienreise nach der Grenzöffnung unternehme ich deshalb einen Ausflug auf die beliebte südaustralische Insel. Dabei bin ich mir bewusst, dass der derzeitige Einblick in die Widerstandskraft der australischen Natur auf Kangaroo Island für mich vermutlich traurig und gleichzeitig faszinierend sein wird.

Während meinem Aufenthalt auf der Insel teilt mir ein auf Kangaroo Island geborener und noch immer dort ansässiger Farmer mit, dass es auf der Insel seit über 70 Jahren keine solche Feuer mehr gab. Eine ebenfalls auf der Insel wohnhafte Dame, deren Farm mit samt Tieren den Bränden zum Opfer fiel, beschreibt mir gegenüber die Situation nach den Buschfeuern wie folgt: «Es gab keine Geräusche mehr. Keinen Ton. Die Natur war tot.» Während ich den Erzählungen lausche, steigen mir Tränen in die Augen und ich fühle mit den Inselbewohner:innen mit. Auch kriege ich eigenhändig zu spüren, mit wie viel Emotionen der anstrengende Wiederaufbau der Insel für die lokalen Bewohner:innen verbunden war.

Doch was habe ich persönlich für einen Eindruck von Kangaroo Island? Nun, zu sagen, dass heute nichts mehr von den Buschbränden zu sehen ist, wäre weitaus gelogen. Natürlich sieht man noch genau, wo die Brände loderten. Dennoch kann ich aus eigener Erfahrung sagen, wie verhältnismässig schnell sich ein Teil der Vegetation tatsächlich nach einem Feuer erholt. Wie man auf den nachfolgenden Bildern sehen kann, spriesst aus den verkohlten Bäumen an vielen Stellen wieder Grün. Auch der vollständig abgebrannte Flinders-Chase-Nationalpark im Westen der Insel hat sich seit der Feuerkatastrophe wieder prächtig erholt.

Bild4.jpg

© Exceptional Kangaroo Island

Ein Visitor Information Center vor dem Parkeingang des Flinders-Chase-Nationalpark gibt es jedoch leider keines mehr. Auch die Unterkünfte in dieser Region sind traurigerweise alle komplett abgebrannt und müssen erst wieder neu gebaut werden, was eine Weile dauert.

Dennoch ist Kangaroo Island noch immer ein Naturparadies der Extraklasse. Man kann gut ein paar Tage auf der Insel verbringen, denn es gibt einiges zu sehen und tun. Man bekommt auf der Insel jedoch aktuell nicht mehr ganz so viele Wildtiere (Koalas, Kangaroos etc.) zu sehen, wie noch vor ein paar Jahren. Es gibt sie noch immer, wie die Bilder unten eindeutig beweisen, aber leider fielen unglaublich viele (Wild-)Tiere den Bränden zum Opfer und die Bestände müssen sich erst wieder erholen.

Aus diesem Grund empfehle ich Besucher:innen auf Kangaroo Island aktuell an mindestens einem Tag eine geführte Tour mit einem ortsansässigen Führer zu unternehmen. Die Guides haben nämlich oftmals Zugang zu privaten Grundstücken und wissen genau, wo in etwa sich die Koalas und Kangaroos aufhalten. Ich habe jedenfalls über 10 Kangaroos und Koalas zu Gesicht bekommen und konnte sogar ein scheues Echidna aus nächster Nähe bestaunen – ein unvergessliches Erlebnis!

Kangaroo Island ist also nach wie vor eine Reise wert, denn die Natur kehrt zurück nach der Brandkatastrophe!

Bild5.jpg

 Foto wurde im Mai 2022 aufgenommen © Exceptional Kangaroo Island

Mehr Infos zu Australien

Fabienne Camenzind

Mai 2022